Nicht mehr. bestenfalls auch nicht weniger. aber wie viel ist „so viel“?

Mehr geht immer. Weniger aber auch!
Meine persönliche Challenge im Alltag:
Mehr weniger.

„So viel du brauchst…“ hieß die Aktion, bei der ich einmal in der Vorosterzeit mitmachte. Wie in unserer Zeit heute bei vielen Initiativen üblich stand auch diese ganz im Zeichen der weltweiten Klimaveränderung. Die Idee dahinter: Ich nehme nur so viel ich brauche. Oder ich verbrauche nur so viel ich brauche. „So viel ich brauche“ hat sich bei mir seitdem zu einem Lebensmotto etabliert, welches mich bewusster leben lässt – und mich dabei glücklich macht!

Soviel ich brauche - ein gut gekleideter Mann auf dem noblen Balkon seines Dachwohnung mit Blick über die Wolkenkratzer seiner Stadt.

Mehr, mehr, mehr und nie genug?

Seit jeher hat es der Mensch offensichtlich auf das Motto „höher, schneller, weiter“ angelegt. Schon im Altertum. Was ging, wurde gemacht. Was nicht ging, wurde weitergeträumt und weiterprobiert, bis es ging. Viele unserer heutigen globalen Technologien und Errungenschaften gehen darauf zurück und wir wären heute nicht da, wo wir sind. Was nicht nur positiv zu sehen ist – wie viele Aspekte des heutigen Lebens zeigen.

Die Sache scheint mir diese zu sein: als Männer fällt es uns schwer, genug zu haben. Wo mehr geht, wollen wir mehr: Geld, Verantwortung, Einfluss, Autorität. Ein größeres Haus. Ein noch schöneres/ besseres/ bequemeres/ moderneres/ schnelleres Auto. (Ich weiß, auch bei Frauen gibt es eine solche Tendenz: mehr Schuhe, mehr Handtaschen, …) Unser Leben ist geprägt vom Streben nach mehr, die Grundfrage lautet eher „Wie viel geht?“ anstatt „Wie viel braucht’s?“.

Aber die Zeiten ändern sich. Die Probleme drängen sich immer stärker und lauter in den Vordergrund. Ob uns das gefällt oder nicht – wir kommen nicht umhin, die Folgen dieses Trends anzuerkennen und uns mit ihnen auseinanderzusetzen. Extremwetterlagen. Zerstörte Ökosysteme. Bekanntwerden von moderner Sklaverei in Asiens Textilfabriken mit den dazugehörigen Tragödien, ebenso Kinderarbeit und Ausbeutung auf allen möglichen Plantagen.

Was uns zu fehlen scheint, ist ein Gefühl von GENUG und die Demut dazu, nach diesem Prinzip zu handeln.

Ein neuer Trend: entgegen dem Trend sein

Aber ein neuer Trend scheint sich anzubahnen. Die junge Generation geht auf die Straßen. Sicher in guter Absicht, manchmal in den Argumentationen und vor allem in ihrem eigenen jugendlichen Verhalten nicht ganz konsequent und ausgewogen. Das Angebot von fair gehandelten Produkten nimmt zu. Gleichsam auch die diesbezüglichen Forderungen von Konsumenten nach mehr davon. Ebenso ökologisch verträglich hergestellte Produkte.

Dass in der Arbeitswelt nicht mehr alle Plätze besetzt werden können, liegt sicher am Mangel an Fachkräften. Aber auch an nicht mehr zeitgemäßen Unternehmenskulturen. Denn immer mehr Menschen, gerade jüngere Jahrgänge, wollen gar nicht 50 Stunden oder mehr arbeiten, um sich viel Luxus anzuhäufen. Freizeit, Lebensqualität, Hobbies oder Selbstbestimmtheit heißen die neuen Devisen.

Ich begegne aber auch immer mehr Männern, die aus dem Hamsterrad des „mehr, mehr, mehr…“ aussteigen. Weil sie enttäuscht davon sind, frustriert, krank. Auch, weil sie persönlich merken, dass sie durch ein System fremdgesteuert und in ihrer Freiheit eingeschränkt werden, welches nie genug bekommen kann. Und weil sie angesichts der aktuellen Entwicklungen Angst um ihre eigene Zukunft und die der nachfolgenden Generationen haben.

So viel ich brauche – ein Erlebnis in Indien weckt mich auf

Im Rahmen eines Ehrenamtes war ich über viele Jahre hinweg immer mal wieder in Indien unterwegs. Spannende Zeit mit vielen bereichernden Erlebnissen. Einmal besuchten wir eine kleine Projektgemeinschaft in einem größeren Stadtteil von Neu-Delhi. Die Gemeinschaft war bunt gemischt und war ein Abbild der um sie herum lebenden Menschen: Frauen, Kinder, Männer; Arme und Reiche.

Unsere Besuchsgruppe war eingeladen und wir erlebten eine interessante Mischung aus Musik, Tanz, lokalen Köstlichkeiten und einigen Ansprachen. Es war eine Aussage des Leiters vor Ort, die mich seit dem Besuch nie mehr losgelassen hat und die mich oft herausfordert:

Dieser Mann in seinen Mittfünfzigern steht vor besagter Gruppe und wendet sich an die Männer mit folgender Aufforderung: „Wenn du mehr als 7 Hemden im Schrank hast, dann ist das egoistisch und unverhältnismäßig. Für jeden Tag ein Hemd ist angemessen, alles darüber hinaus ist zu viel. Hier vorne steht eine Kiste, und ich fordere jeden von euch auf, seine überzähligen Hemden innerhalb der nächsten Woche hier abzugeben, damit wir sie denjenigen geben können, die weniger haben…“

So viel ich brauche – außerhalb von Luxusländern seit jeher nahezu Standard

„So viel wie geht“ scheint ohnehin nur ein gern gelebtes Maxim in allen bekannten Luxusländern zu sein. Ein klares Anzeichen von Konsum und Reichtum. Sieht man sich Menschen und deren Verhalten in weniger privilegierten Ländern an, erkennt man schnell ein anderes Motto: „So viel ich brauche“. Klar, auch hier würde „mehr“ immer gehen. Aber es wird gesehen, dass möglichst ALLE etwas bekommen. Jedenfalls im Allgemeinen.

Ich habe Menschen aus unterschiedlichsten Ländern kennengelernt, die aus meiner gut situierten Sicht echt arm waren. Im Teilen und Geben mir aber weit voraus. Es gehörte für sie quasi selbstverständlich zum Leben dazu. „Ich habe etwas, was Anderen fehlt, also teile ich es mit ihnen, so gut ich kann.“ Mehrfach habe ich sogar erlebt, dass geteilt wurde, schon bevor man selbst genug hatte…

Von der Freiheit, verzichten zu können

Vielen ist Heinrich Bölls Geschichte von der Begegnung eines Touristen mit einem lokalen Fischer auf irgendeiner Insel bekannt. Darin trifft ein Tourist einen in seinem Fischerboot dösenden Fischer. Begeistert vom Motiv hält der Tourist diese Szene mit seiner Kamera fest und weckt durch das Klicken den Fischer auf.

Es folgt eine Unterhaltung der beiden über das Für und Wider des faulen Herumliegens anstelle der Weiterentwicklung dieser Arbeit bis zu einem Großbetrieb mit mehreren Booten. Das Ergebnis des Gesprächs: der Tourist erkennt, dass dieser Fischer das Traumziel, nämlich Entspannung und arbeitsfreie Zeit, schon jetzt lebt – und geht nachdenklich weg.

Ich merke, dass mich freiwilliger Verzicht im Alltag freier leben lässt. Sicher, ich brauche mir auch keine Sorgen über grundsätzliche Dinge wie Essen, Trinken, Wohnraum und viele andere Annehmlichkeiten machen. Denn ich lebe gut. Aber ich kann auf „immer noch mehr“ mittlerweile gut verzichten. Kann reduziert arbeiten und damit mehr freie Zeit für Familie, Sport, Hobbies und Ehrenamt genießen.

Mir hilft der „so viel ich brauche“ – Ansatz, bewusster zu leben und die Wahrnehmung meiner Bedürfnisse zu schärfen. Besser zu unterscheiden zwischen echten Notwendigkeiten und Wünschen oder Sehnsüchten. Vielleicht etwas, was du auch ausprobieren möchtest? Ist eigentlich ganz einfach…

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Maennerimpulse - Wenn ich mich beschränke und nur so viel nehme, wie ich brauche, macht mich das frei und glücklich.