Keine einfache Aufgabe: Veränderungsprozesse im eigenen Leben. Ein aufwendiger langfristiger Prozess. Mit vielen Parallelen zum Umbau von Nutzbaumplantagen hin zu naturnahen Wäldern.

Es gibt Zeiten, da ist es notwendig, wesentliche Veränderungen im eigenen Leben vorzunehmen. Nicht nur kleine Anpassungen, sondern einen regelrechten Lebensumbau zu betreiben. Die Gründe dafür mögen vielfältig sein: ein Wohnortwechsel. Gesundheitliche Probleme, die ein Handeln erforderlich machen. Veränderungen im Berufsleben – bei mir oder meiner Partnerin. Und es gibt viele andere mehr.

Bei mir ist ein aktueller Auslöser dafür gerade die Tatsache, dass meine beiden Töchter erwachsen werden und beginnen, ihr eigenes Leben aufzubauen. Während die jüngere in ihre letzten beiden Abiturjahre gestartet ist, beginnt die Ältere in diesen Tagen einen einjährigen Freiwilligendienst im Ausland, ehe sie dann im nächsten Jahr plant ein Studium anzufangen.

Kurz: Innerhalb der nächsten Jahre verändert sich unsere Familiensituation erheblich und bietet damit meiner Frau und mir neue Chancen. Und verbunden damit auch die Möglichkeit und Herausforderung, Wesentliches zu verändern, unser Leben in Teilen oder komplett umzubauen. Ein großes Vorhaben, wie sich schon jetzt am Anfang abzeichnet – für das ich bei meinen letzten Waldwanderungen aber viele Impulse sammeln konnte…

Miniausflug: die Entstehung der Probleme mit unseren Fichtenwäldern

Wir alle kennen sie – trist aussehende Berghänge und Flachlandschaften, die vor vielen Jahren einmal grüner Wald – zumeist Fichtenwald – waren. Jetzt stellen sie sich dar als Kahlschlagflächen, deren Bäume längst Opfer von Sturm, Feuer, Erosion und Borkenkäferbefall geworden sind. Oder, und das wäre unter forstwirtschaftlichen Gesichtspunkten noch der beste aller hier aufgezählten Fälle, von riesigen Holzerntemaschinen geerntet wurden. Dann nämlich hat man wenigstens noch einen Nutzen aus den Bäumen gezogen.

Dabei hilft es zu wissen, dass die aktuell auftretenden Waldprobleme zu großen Teilen die Folgen des Handelns vorheriger Generationen sind.

Erklärung:

Nun bin ich kein ausgebildeter Förster und mein Wissen über diese Zusammenhänge entstammt lediglich meinem eigenen Interesse am Ökosystem Wald und dürfte daher als lückenhaft bezeichnet werden. Aber für das Thema dieses Beitrags reicht es zumindest aus, um Parallelen zwischen einem gezielten Wald- und Lebensumbau ziehen zu können. Zurück zu unseren Fichtenwäldern, den Ergebnissen der Waldgestaltung vorheriger Generationen.

Der größte Fehler war, die Fichte im großen Stil in riesigen Waldplantagen überhaupt anzubauen. Warum? Weil die Fichte keine heimische Baumart und für das Klima in unseren Breitengraden gar nicht der richtige Baum ist. Sie liebt es kühl und feucht und ist damit der typische Nadelbaum höherer Bergregionen und den skandinavischen Ländern. Typisch für unsere Wälder und unsere klimatischen Bedingungen war ursprünglich großflächig die Buche. Und, zwar deutlich weniger in ihrem Vorkommen, aber dennoch heimisch, die Eiche. Deren Wachstumsgeschwindigkeiten sind aber deutlich geringer als die der Fichte. Damit galten sie wirtschaftlich gesehen als weniger rentabel und die schnellwüchsigere Fichte wurde in großen Plantagen angebaut.

Das Problem: lange Trockenzeiten und zu warme Temperaturen schwächen die Fichte, der Borkenkäfer hat leichtes Spiel und vernichtet in kurzer Zeit ganze Wälder. Wenn dann noch Hitzefeuer und Sturm dazukommen, ist es um das „Wirtschaftswunder Fichte“ endgültig geschehen… und der vermeintliche schnelle Gewinn entpuppt sich als wirtschaftliche und ökologische Vollkatastrophe.

Mein Leben – schnellwüchsige Fichtenplantage oder heimischer Laubwald?

Was kennzeichnet einen auf wirtschaftlichen Holzertrag ausgerichteten Plantagenwald? Wesentlich gibt es zwei Merkmale: zum einen die Monokultur, also nur eine Baumart auf großer Fläche und zum anderen die Pflanzart der Bäume – nämlich alle in Reih und Glied mit immer demselben Abstand dazwischen und gleichem Baumalter ganzer Areale. Ist uns sicher allen schon einmal begegnet.

Ganz anders dagegen ein naturnaher Wald. Hier gibt es eine Vielfalt an Pflanzen – in aller Regel viele Laubbäume – deren Alter höchst unterschiedlich ist. Nicht in geradlinigen Reihen, keine monotonen Abstände. Dazwischen Totholz, welches in einem jahrelangen biologischen Prozess wieder zersetzt wird.

Ähnlich einem Plantagenwald sieht aus der Distanz betrachtet oft auch mein Leben aus. In vielen Bereichen durchgeplant und -strukturiert. Die Abläufe sind genau festgelegt. Vieles, wenn nicht gar alles, folgt einem festgelegten Muster. Das ist irgendwie auch hilfreich, entfremdet aber vom Natürlichen und wird damit anfällig für (Zer)Störungen. Wichtig ist ein Wechsel hin zu mehr Natürlichkeit. Wie der Umbau eines reinen Plantagen-Nutzwaldes hin zu einem naturnahen Wald.

Lebensumbau: von der anfälligen Fichtenplantage hin zum nachhaltigen urwaldähnlichen Laubwald

So ein Umbau braucht vor allem eines: Zeit. Waldumbau wie Lebensumbau. Schnellschüsse und Abkürzungen sind hier ausgeschlossen. Das sollte uns auf jeden Fall klar sein. Ein Waldumbau geschieht über viele Generationen hinweg, wir reden tatsächlich von mehreren hundert Jahren! Ohne die Möglichkeit, zeitlich zu verkürzen.

Alles fängt an mit dem Ende beispielsweise einer Fichtenplantage oder, allgemeiner ausgedrückt, eines Nutzwaldes. Entweder durch Kahlschlag oder andere Ereignisse wie Sturm, Borkenkäferbefall oder großflächige Feuer. Zuerst siedeln sich Pionierbäume wie Birke oder Espe an. Erst später kommen andere Baumarten hinzu, letztlich dann die gewünschte Buche oder auch Eiche. Und bis die dann einen naturnahen, einen urwaldähnlichen Laubwald bilden, vergehen einige Jahrzehnte.

Lebensumbau nach dem Vorbild Wald, Phase 1: Toter Fichtenwald mit noch einigen wenigen lebenden Fichten im Sterben. Foto Volker Schwolow.

Waldumbau, Phase 1:
Das Ende der Fichtenplantage hat begonnen, viele Bäume sind bereits tot, es gibt große Kahlflächen.

Lebensumbau nach dem Vorbild Wald, Phase 2: Zwischen übriggebliebenen stehenden toten Fichten wachsen erste Pionierbäume. Foto Volker Schwolow.

Waldumbau, Phase 2:
Auf den Kahlflächen siedeln sich zwischen den übrigen toten Fichtenstämmen erste Pflanzen an. Basis für den neu entstehenden Wald sind Laub – Pioniergehölze.

Waldumbau, Phase 3:
Viele Jahrzehnte später ist ein naturnaher Wald entstanden. Laubbäume wie die heimische Buche prägen das Bild. Zwischen den Bäumen unterschiedlichsten Alters liegt Totholz, welches Basis für viele biologische Prozesse im Wald ist.


Was bedeutet das für mich, für meinen Lebensumbau? Zunächst einmal braucht es einen Auslöser, der meine eingefahrenen Strukturen, Abläufe und Gewohnheiten aufbricht. Der mir auf jeden Fall hilft, sie aufzugeben oder aufzubrechen. Vergleichbar mit einem Kahlschlag – es entsteht für mich neuer Freiraum, in dem ich gestalten und Neues aufbauen kann. Auslöser kann Vieles sein: Krankheit, Trennungserfahrungen, Verlust des Arbeitsplatzes, Krisen ganz allgemein. Ereignisse, in denen meine bisherigen Muster nicht mehr funktionieren. Oder eine bewusste Entscheidung von mir, proaktiv eine Veränderung herbeiführen zu wollen. Wie aktuell in meinem Fall, wo ich alte eingefahrene Strukturen aufgeben kann, weil sie schlichtweg nicht mehr notwendig sind.

Und dann brauche ich den Mut und die Kreativität, in ersten Schritten neue Vorgehensweisen auszuprobieren. In bekannten Situationen mal anders zu reagieren. Mir bewusst zu machen, wie ich normalerweise handeln würde und mal eine neue Idee auszuprobieren. Und dann kann ich nach und nach, ganz langsam, neue Abläufe und neue Gewohnheiten etablieren. Auch immer mal wieder wechseln, ausprobieren. Bildlich gesprochen einen Urwald entstehen lassen, in dem sich Totholz, Jungbäume und richtig kräftige Altgehölze entwickeln und gegenseitig unterstützen – und damit stabil und gesund gegenüber äußeren Einflüssen werden.

Tipps für deinen Lebensumbau

  1. Mache dir klar, was und warum du etwas verändern möchtest. Veränderungen können mitunter anstrengend sein und deine volle Aufmerksamkeit und viel Energie von dir fordern. Grund und Zweck der Veränderung klarzuhaben kann dir helfen, in Durststrecken durchzuhalten.
  2. Veränderungen brauchen Zeit, mitunter sehr viel davon. Lange Gewohnheiten und eingefahrene Strukturen müssen erkannt und dann verlassen werden, ehe sich neue Abläufe etablieren können. Nimm dir ausreichend Zeit dafür, rechne nicht mit schnellen Erfolgen.
  3. Lass dich von Misserfolgen nicht entmutigen. Nicht jeder Samen im zukünftigen Urwald geht auf und wird zu einem stabilen Baum. Fehlschläge sind wichtige Bausteine im ganzen Prozess.
  4. Nimm dir nicht zu viel auf einmal vor. Fange mit einem oder zwei Lebensbereichen oder wenigen Gewohnheiten an, die du verändern möchtest und arbeite dafür konsequent daran. Nimm erste Erfolge bewusst wahr. Dann kannst du deine Erfahrungen auch für weitere Prozesse nutzen.
  5. Mach’s nicht alles alleine, suche dir Unterstützung. Deine Familie oder auch ein enger Freund können wertvolle Begleiter sein – wenn sie nicht auch direkt Betroffene sind. Nutze dein Netzwerk. Oder greife auf Personen zurück, die von außen unterstützen können, die gemeinsam mit dir den Prozess professionell gestalten und dir helfen, möglichst viele Aspekte einzubeziehen und vielfältige Fragen zu stellen.

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